Abmahnung wegen Krankheit - ist das elraubt?
Das Wichtigste in Kürze:
- Eine Abmahnung ist nur dann erlaubt, wenn der Arbeitnehmer Pflichten im Zusammenhang mit der Krankheit verletzt (z. B. verspätete Krankmeldung).
- Eine Abmahnung ist unzulässig, wenn sie sich allein auf die Häufigkeit oder Dauer der Erkrankung stützt. Eine Krankheit selbst gilt nicht als Pflichtverstoß und darf nicht sanktioniert werden.
- Nach unserer Erfahrung sprechen Arbeitgeber vorschnell Abmahnungen bei Erkrankungen aus, die in vielen Fällen rechtlich angreifbar sind.
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Kann eine Abmahnung aufgrund einer Krankheit erfolgen?
Eine Krankheit an sich ist kein Fehlverhalten und damit auch kein Grund für eine Abmahnung. Das Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer ausdrücklich davor, wegen Krankheit benachteiligt oder sanktioniert zu werden, § 3 Abs. 1 EFZG.
Wenn Sie ordnungsgemäß krankgeschrieben sind und Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig eingereicht haben, darf der Arbeitgeber keine Abmahnung aussprechen.
Wann ist eine Abmahnung wegen Krankheit trotzdem möglich?
Eine Abmahnung kann rechtmäßig sein, wenn der Arbeitnehmer Pflichten verletzt, die mit seiner Erkrankung zusammenhängen.
Typische Fälle:
- Die Krankmeldung erfolgt verspätet oder gar nicht (§ 5 EFZG).
- Eine ärztliche Bescheinigung wird nicht oder zu spät vorgelegt.
- Der Arbeitnehmer verstößt gegen seine Genesungspflichten, etwa durch sportliche Aktivitäten, die die Heilung verzögern könnten.
- Die Erkrankung ist nur vorgetäuscht.
In diesen Fällen liegt kein Vorwurf „wegen der Krankheit“ vor, sondern wegen eines Pflichtverstoßes im Zusammenhang mit der Krankheit.
Wann ist eine Abmahnung unzulässig?
Unzulässig ist eine Abmahnung insbesondere dann, wenn:
- der Arbeitnehmer nachweislich krank war und sich ordnungsgemäß krankgemeldet hat,
- die Abmahnung nur auf häufige oder anhaltende Fehlzeiten gestützt wird,
- der Arbeitgeber kein Fehlverhalten konkret benennt.
In solchen Fällen ist die Abmahnung rechtswidrig und muss aus der Personalakte entfernt werden.
Welche Pflichten können Angestellte im Rahmen einer Krankheit verletzen?
Auch während einer Krankheit bestehen bestimmte arbeitsrechtliche Pflichten:
- Unverzügliche Krankmeldung beim Arbeitgeber, am ersten Krankheitstag.
- Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am vierten Kalendertag (oder früher, wenn der Arbeitgeber dies verlangt).
- Kein Genesungswidriges Verhaltens. Also Tätigkeiten, die die Genesung verhindern oder verzögern.
Wer gegen diese Pflichten verstößt, riskiert eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung.
Was sollten Sie tun, wenn Sie eine Abmahnung wegen Krankheit erhalten haben?
Zunächst gilt es Ruhe zu bewahren und nichts vorschnell zuzugeben. Eine Abmahnung ist keine Kündigung, sondern eine Warnung. Sie sollten jedoch sorgfältig prüfen, ob sie rechtmäßig ist.
Tipps für die Praxis
1. Abmahnung auf formale Fehler prüfen:
- sind konkrete Vorwürfe benannt?
- Ist die Schriftform eingehalten?
- Ist ein bestimmtes Verhalten gerügt worden?
- Hat eine berechtigte Person die Abmahnung unterzeichnet?
2. Schriftliche Gegendarstellung verfassen, in der Sie Ihre Sicht der Dinge schildern. Diese muss zur Personalakte genommen werden (§ 83 Abs. 2 BetrVG).
3. Wenn die Abmahnung faktisch unberechtigt ist, können Sie deren Entfernung verlangen oder notfalls gerichtlich vorgehen.
In vielen Fällen reicht jedoch bereits ein anwaltliches Schreiben, um eine unberechtigte Abmahnung aus der Akte entfernen zu lassen.
Wann ist es sinnvoll, sich nicht gegen eine Abmahnung zu wehren?
Wir empfehlen grundsätzlich gegen jede Abmahnung vorzugehen oder diese zumindest rechtlich überprüfen zu lassen.
Allerdings muss nicht jede Abmahnung zwangsläufig angegriffen werden. Wenn die Abmahnung keine Folgen hat (z. B. keine Wiederholungsgefahr), kann es strategisch klug sein, keine Eskalation zu riskieren.
Lassen Sie sich aber im Zweifel anwaltlich beraten. Insbesondere dann, wenn weitere arbeitsrechtliche Schritte drohen oder bereits mehrere Abmahnungen ausgesprochen wurden.



