Arbeitsrecht
Abmahnung, wann Kündigung?

Abmahnung, wann Kündigung?

David Ahlf
Aktualisiert am 
14.11.2025
5
 Min. Lesedauer

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Kündigung kann auf eine vorausgegangene Abmahnung folgen, wenn der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändert und denselben Pflichtverstoß erneut begeht.
  • Eine Abmahnung ist keine zwingende Voraussetzung. Bei besonders schweren Pflichtverletzungen, etwa bei Vertrauensdelikten, darf der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung kündigen. Entscheidend ist, ob das Vertrauen bereits endgültig zerstört ist oder ob es durch eine Abmahnung noch wiederhergestellt werden könnte.
  • Wer eine Abmahnung erhält, sollte deren Berechtigung sorgfältig prüfen und gegebenenfalls eine Gegendarstellung verfassen, die Entfernung verlangen oder weitere geeignete Schritte zur Verteidigung einleiten.

Droht nach einer Abmahnung automatisch eine Kündigung?

Nein. Eine Kündigung kommt dann in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer nach einer Abmahnung erneut denselben Pflichtverstoß begeht oder ein so schweres Verhalten zeigt, dass eine Abmahnung sogar entbehrlich ist.

Im Arbeitsrecht gilt das sogenannte „Ultima-Ratio“-Prinzip: Eine Kündigung soll nur dann ausgesprochen werden, wenn keine milderen Mittel ausreichend sind. In Betracht kommt vorher insbesondere eine Abmahnung. Mit der Abmahnung macht der Arbeitgeber deutlich, dass ein bestimmtes Fehlverhalten nicht toleriert wird und zukünftig zu unterlassen ist. Lässt der Arbeitnehmer dies außer Acht und handelt erneut genau so, oder sehr ähnlich, kann dies als Hinweis gewertet werden, dass sich der Arbeitnehmer nicht verhaltensgerecht ändern wird.

Simples, lebensnahes Beispiel:

Ein Mitarbeiter kommt dauernd zu spät. Hierfür wird er abgemahnt. Wenn er danach weiter zu spät kommt, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen.

Wann genau kann nach einer Abmahnung gekündigt werden?

Wenn das zu Rede stehende Verhalten erneut auftritt und der Arbeitgeber dadurch das Vertrauen endgültig verliert.

Die Rechtsprechung verlangt hierfür eine Wiederholung desselben Pflichtverstoßes oder eines sehr ähnlichen Verhaltens.

Wichtig ist daher, dass die Abmahnung  konkret beschreiben muss, welches Verhalten beanstandet wird. Die damit zusammenhängende Kündigung darf sich nur auf dieses Verhalten oder einen sehr ähnlichen Pflichtverstoß stützen. Außerdem muss zwischen Abmahnung und Kündigung ein zeitlicher Zusammenhang bestehen, da Abmahnungen sich mit der Zeit „verbrauchen“.

Wichtig ist aber auch, dass bei mehreren geringfügigen Pflichtverletzungen, auch wenn diese im Zusammenhang stehen, eine Kündigung nicht zwangsweise bereits bei der 2. Pflichtverletzung nach Abmahnung möglich ist.

Beispiel:

Eine Abmahnung wegen Zuspätkommens kann nicht ohne weiteres zur Rechtfertigung einer Kündigung wegen unfreundlichem Verhalten gegenüber Kunden führen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Pflichtverletzungen.

Sind Abmahnung und Kündigung wegen derselben Pflichtverletzung möglich?

Ja. Aber nur, wenn der Arbeitnehmer das Verhalten nach der Abmahnung erneut zeigt.

Wichtig ist, dass ein Arbeitgeber nicht wegen eines einmaligen Vorfalls sowohl abmahnen und im Anschluss kündigen kann, da das widersprüchlich wäre. Mit der Abmahnung signalisiert er gerade, dass eine Änderung des Verhaltens erwartet wird und eine Kündigung nicht sofort notwendig ist.

Deshalb gilt:

Abmahnung → später erneute gleiche oder ähnliche Pflichtverletzung → Kündigung ist möglich.

Abmahnung → keine erneute gleiche oder ähnliche Pflichtverletzung → Kündigung unzulässig.

Kann der Arbeitgeber auch ohne Abmahnung kündigen?

Ja, in bestimmten Fällen mit gravierender Pflichtverletzung ist Kündigung auch ohne Abmahnung möglich.

Die Entbehrlichkeit einer Abmahnung setzt voraus, dass der Pflichtverstoß so gravierend ist, dass für jeden Arbeitnehmer klar sein musste, dass der Arbeitgeber dies niemals hinnehmen kann. Maßgeblich sind dabei die Schwere und Offensichtlichkeit des Fehlverhaltens, etwa bei Vermögensdelikten, Manipulationen, Tätlichkeiten oder groben Beleidigungen. In solchen Fällen bleibt kein Raum für eine Verhaltensänderung: Das Vertrauen ist sofort und endgültig zerstört, und dem Arbeitgeber ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst für kurze Zeit unzumutbar.

Typische Beispiele in denen eine Abmahnung entbehrlich ist, weil das Fehlverhalten so schwer wiegt:

  • Diebstahl, Unterschlagung, Betrug
  • Schwere Beleidigungen, Tätlichkeiten
  • Sexuelle Belästigung
  • Arbeitszeitbetrug, z. B. Manipulation der Zeiterfassung
  • Hartnäckige Arbeitsverweigerung

Hier ist es regelmäßig unzumutbar, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung abmahnt.

Was ist eine Abmahnung überhaupt?

Eine Abmahnung ist eine formale arbeitsrechtliche Rüge, mit der der Arbeitgeber ein konkretes Fehlverhalten beanstandet und den Arbeitnehmer zugleich unmissverständlich darauf hinweist, dass er bei einer Wiederholung mit weitergehenden Konsequenzen, bis hin zur Kündigung, rechnen muss. Für ihre rechtliche Wirksamkeit müssen drei Elemente zwingend vorliegen:

1. Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens:

Die Abmahnung muss das beanstandete Verhalten präzise und nachvollziehbar schildern, mit Datum, Uhrzeit, Ort, Ablauf und der konkret verletzten Pflicht. Allgemeine Formulierungen („Sie verhalten sich unzuverlässig“) reichen nicht aus; der Arbeitnehmer muss eindeutig erkennen können, was ihm vorgeworfen wird.

2. Rügefunktion:

Der Arbeitgeber muss das Verhalten ausdrücklich als vertragswidrig beanstanden. Der Vorwurf darf nicht nur angedeutet werden. Entscheidend ist, dass klar wird: Das bisherige Verhalten verstößt gegen arbeitsvertragliche Pflichten.

3. Warnfunktion:

Die Abmahnung muss deutlich machen, dass bei einem erneuten gleichartigen Verstoß arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung drohen. Diese Warnung muss klar und unmissverständlich formuliert sein.

Zwar ist eine Abmahnung rechtlich auch mündlich möglich, in der Praxis und für die spätere Beweisbarkeit wird sie jedoch nahezu ausschließlich schriftlich erteilt und zur Personalakte genommen. Fehlt einer der genannten Punkte oder ist die Abmahnung inhaltlich unklar, kann sie unwirksam sein und eine spätere Kündigung nicht wirksam stützen.

Was sollte man tun, wenn man eine Abmahnung erhalten hat?

Wer eine Abmahnung erhält, sollte zunächst Ruhe bewahren und keine vorschnellen Schritte einleiten. Eine Abmahnung ist noch keine Kündigung, sie kann aber die Grundlage für eine spätere Kündigung bilden, daher ist eine sorgfältige und strategisch kluge Reaktion entscheidend. Im ersten Schritt sollte die Abmahnung fachkundig geprüft werden, da viele Abmahnungen formelle oder inhaltliche Fehler aufweisen und daher zumindest rechtlich nur eine eingeschränkte Wirkung entfalten.

Nach der Prüfung stellt sich die Frage, ob und wie darauf reagiert werden sollte. Eine Möglichkeit ist die Gegendarstellung, also eine schriftliche Stellungnahme, die zur Personalakte genommen wird. Sie dient dazu, den Sachverhalt aus eigener Sicht darzustellen und einen späteren Kündigungsschutzprozess vorzubereiten, ohne die Abmahnung als solche anzugreifen. In manchen Fällen ist eine Gegendarstellung allerdings strategisch nicht sinnvoll, etwa wenn das Arbeitsverhältnis nicht belastet werden soll oder die Abmahnung zwar juristisch angreifbar, aber praktisch folgenlos ist.

Eine weitere Option ist das Entfernungsverlangen, also die Aufforderung an den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte zu löschen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Abmahnung offensichtlich unberechtigt, überzogen oder formell mangelhaft ist. Ob ein solches Verlangen ausgesprochen werden sollte, hängt jedoch ebenfalls vom Einzelfall ab: In laufenden, konfliktgeladenen Arbeitsverhältnissen kann es sinnvoll sein, zunächst abzuwarten, um die Situation nicht weiter zu eskalieren.

Wichtig ist außerdem, sich nicht in unbedachte Gespräche oder spontane Rechtfertigungen hineinziehen zu lassen. Mündliche Diskussionen können später falsch wiedergegeben werden und die eigene Position schwächen. Ebenso ist es ratsam, bis zur Klärung des Vorwurfs besonders sorgfältig zu arbeiten, um keine weiteren Angriffsflächen zu bieten.

Strategisch kann es in manchen Konstellationen sogar sinnvoll sein, überhaupt nicht zu reagieren, etwa wenn die Abmahnung zwar rechtlich fragwürdig ist, aber keinerlei praktische Relevanz hat, weil der Arbeitgeber sie nicht weiter verfolgt. Auch hier gilt: Die optimale Vorgehensweise hängt vom Einzelfall und von der übergeordneten Zielsetzung ab, etwa ob das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, verbessert oder eher geordnet beendet werden soll.

Wann ist eine Kündigung trotz Abmahnung unwirksam?

Eine Kündigung kann trotz vorausgegangener Abmahnung unwirksam sein, wenn die Abmahnung selbst oder der Zusammenhang zwischen beiden Maßnahmen rechtliche Anforderungen nicht erfüllt. Besonders häufig scheitern Arbeitgeber daran, dass die Abmahnung inhaltlich nicht konkret genug, in ihrer Funktion unzureichend oder zeitlich nicht mehr verwertbar ist.

Eine Abmahnung ist etwa dann nicht konkret genug, wenn sie das beanstandete Verhalten nur vage umschreibt oder keine nachvollziehbaren Angaben zu Datum, Uhrzeit, Ort oder Ablauf enthält. Formulierungen wie „Sie arbeiten häufig unzuverlässig“ oder „Sie kommen immer wieder zu spät“ reichen nicht aus. Die Abmahnung muss den tatsächlichen Vorfall so präzise schildern, dass der Arbeitnehmer exakt erkennen kann, welches Verhalten künftig zu unterlassen ist. Fehlt diese Konkretisierung, kann der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht zielgerichtet ändern und die Abmahnung kann eine spätere Kündigung nicht tragen.

Unwirksam ist eine Abmahnung auch dann, wenn sie ein Verhalten rügt, das nicht vertraglich geschuldet ist oder im konkreten Kontext nicht als Pflichtverletzung zu bewerten war. Ein Beispiel ist die Rüge geringfügiger Bagatellen oder üblicher menschlicher Fehlleistungen, die keine arbeitsvertragliche Obliegenheit verletzen. In solchen Fällen ist die Abmahnung unverhältnismäßig, weil eine Warnung mit Kündigungsandrohung nur bei relevanten Pflichtverstößen zulässig ist. Gleiches gilt bei überzogenen Reaktionen des Arbeitgebers, etwa wenn bei einem einmaligen, harmlosen Versehen sofort eine formale Abmahnung erteilt wird, ohne dass eine weniger eingriffsintensive Maßnahme, etwa ein klärendes Gespräch, geboten wäre.

Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Abmahnung und kündigungsrelevantem Verhalten ist entscheidend. Liegt die Abmahnung lange zurück oder hat der Arbeitnehmer zwischenzeitlich über einen längeren Zeitraum beanstandungsfrei gearbeitet, verliert die Abmahnung ihre Warnfunktion. Eine Kündigung kann dann nicht mehr auf sie gestützt werden.

Weitere typische Fehler sind, dass die Abmahnung ein gänzlich anderes Verhalten betrifft als der spätere Kündigungsgrund oder dass der Arbeitnehmer zwar erneut einen Fehler macht, dieser aber nicht derselben Pflichtgruppe zuzuordnen ist. Die Rechtsprechung verlangt eine Wiederholung des gleichen oder eines sehr ähnlichen Verstoßes; unterschiedliche Pflichtverletzungen stehen nicht in einem verwertbaren Zusammenhang.

Schließlich bleibt jede verhaltensbedingte Kündigung trotz Abmahnung unwirksam, wenn sie gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstößt oder besonderer Kündigungsschutz besteht, etwa bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung, ohne dass die erforderlichen Verfahren oder Zustimmungen eingeholt wurden.

Häufig gestellte Fragen

Wie viele Abmahnungen braucht es, bis gekündigt werden darf?
Es gibt keine feste Zahl. Eine einzige Abmahnung vorab kann ausreichen, wenn der Pflichtverstoß im Anschluss erneut auftritt.
Wie lange ist eine Abmahnung gültig?
Abmahnungen „verbrauchen“ sich mit der Zeit. Nach etwa 1–3 Jahren verlieren sie oft ihre Warnfunktion, dies ist aber abhängig vom Einzelfall.
Darf ich eine Abmahnung einfach ignorieren?
Auf keinen Fall. Auch wenn sie unberechtigt ist, kann sie die Grundlage einer späteren Kündigung bilden. Deshalb sollte sie geprüft und ggf. entkräftet werden.
Muss ich eine Abmahnung unterschreiben?
Nein. Die Unterschrift dient ohnehin meist nur dem Empfangsnachweis, nicht der inhaltlichen Zustimmung. Eine Verpflichtung gibt es aber nicht.
Kann ich trotz Abmahnung meine Arbeit fortsetzen?
Ja. Eine Abmahnung ändert das Arbeitsverhältnis nicht, sie ist lediglich eine Warnung.

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„Es entstand sofort ein einmaliges Vertrauensverhältnis zu Herrn Dr. Mick, das besonders von einer hervorragenden Beratung und Unterstützung geprägt war.”
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